Bericht Sarah

Sarah C. Kollmann 2015–2016

EINBLICK IN DEINE TÄTIGKEIT UND IN DEIN LEBEN IN DER EINRICHTUNG
Meine Tätigkeit als Freiwillige in der Baobab Children Foundation hat sich in zwei Arbeitsbereiche, dem Baobab House in Cape Coast und dem Baobab Center in Kissi/Kwahinkrom gegliedert.

Im Baobab House waren wir Freiwilligen für den Laden und für die fünf Gästezimmer zuständigen. Wir haben immer in einer 6-Stunden Schicht im Laden gearbeitet – in der ersten Zeit waren es drei Tage pro Woche; in den letzten neun Monate war ich alle 14 Tage für eine Woche im Laden. Hier musste ich putzen, jeden Morgen und Abend Inventur machen, neue Produkte entgegennehmen, die Produkte im Laden nachfüllen, neue Labels und Präsentationsmöglichkeiten entwickeln, die Buchhaltung führen, Zimmerreservierungen entgegennehmen, Gäste empfangen, ihnen ihr Zimmer zeigen und neue Ideen und Projekte zur Entwicklung des Hauses verwirklichen. Zusätzlich waren wir Freiwilligen im monatlichen Meeting der Angestellten für das Protokollschreiben zuständig.

Im Baobab Center war ich immer wenn ich nicht im Laden war: anfangs die zweit Hälfte der Woche, später für 14 Tage. Bis auf die letzte Woche eines jeden Monats ist mein Arbeitsalltag im Center folgendermaßen verlaufen:
Unter der Woche war ich vormittags zwischen 8:00 Uhr und 12:00 Uhr im Batikworkshop. Dort habe ich das Wickel- und Wachsbatiken gelernt. Dazu gehörte neben dem eigentlichen Batiken auch Vorbereitungen, wie Feuer machen und Wachsschmelzen, das Zuschneiden neuer Schaumstoffstempel, das korrekte Anrühren der Farben, lernen welche Farben sich wie kombinieren lassen und welche Farb- und Musterkombinationen am besten aussehen.

Nachmittags zwischen 13:00 Uhr und 16:00 Uhr habe ich im Nähworkshop überall assistiert, wo Bedarf war: beim Zuschneiden und Nähen von Bestellungen, den Nähanfängern bei Problemen und Fragen zur Verfügung stehen und über gute Farb- und Musterkombinationen diskutieren. Außerdem habe ich einige neue Taschenentwürfe eingeführt, bei denen ich den kompletten Herstellungsprozess koordiniert und die Schüler anleitet habe, wie die Tasche genäht wird.
Zusätzlich zur regulären Nähwerkstatt nachmittags war ich auch vormittags zwischen 8:00 und 10:00 Uhr in der Nähwerkstatt, wenn „workshopweek“ war. Dies war immer in der letzten Woche eines jeden Monats.
Ungefähr zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr waren wir Freiwilligen in den ersten vier Monaten für physiotherapeutische Übungen zuständig. Jeden Nachmittag haben wir mit drei Schülern Atmungsübungen, Übungen zur Mobilisation der Gelenke, Kräftigungs- und Stabilisationsübungen oder Massagen gemacht. Später war das nicht mehr mein Arbeitsbereich, sondern wurde von einer gelernten Physiotherapeutin übernommen.
An den Abenden der Werktage zwischen 18:30 und 20:00 Uhr waren immer Evening Classes.
Bis Ende 2015 hat das bedeutet, dass zwei von den vier Klassen beim Hausaufgabenmachen und Lernen von uns Freiwilligen betreut wurden. Zusätzlich haben wir versucht die Schüler durch Sketches und Spiele zum Englischsprechen zu bringen damit die ihr mündliches Englisch üben konnten.

Ab Januar 2016 habe ich Einzelunterricht in englischer Konversation gegeben, wo ich zwei Schüler jeweils zweimal pro Woche unterrichtet habe. Die beiden haben zusätzlichen Unterricht gebraucht, da sie kaum Englisch sprechen, weshalb Einzelbetreuung sinnvoll war.
Samstag war ich zwischen 10:00 Uhr und 12:00 Uhr für den Buchbindeworkshop zuständig. Dort habe ich mit fünf bis fünfzehn Schülern Notizbücher mit bemaltem Papier, Batikstoffresten, Bananenblättern und Ähnlichem eingebunden und somit aufgewertet. Den Schülern musste geholfen, etwas erklärt und das gemachte kontrolliert und gegebenenfalls verbessert werden.
Samstag- und Sonntagnachmittag waren wir Freiwilligen für die Gestaltung des Freizeit- und Sportprogramms zuständig. Wir haben je nach Lust und Laune Fußball, Volleyball, Tischtennis, Kartenspiele und Tischfußball gespielt, gemalt, sind auf der Slackline balanciert, haben gemeinsam gewaschen, gequatscht usw. Ab Januar war ein fester und beliebter Bestandteil des Wochenendes das Fahrradfahren üben mit 15 bis 20 Schülern. Dafür habe ich sieben bis zehn Fahrräder zur Verfügung gestellt und die Schüler konnten abwechselnd rumkurven.
Sonntagmorgen zwischen fünf und sieben Uhr morgens bin ich, anfangs mit einer Mitfreiwilligen, später alleine, mit den Schülern Joggen gegangen. Die Schüler mussten geweckt und motiviert werden, danach sind wir ungefähr eine Stunde gejoggt und haben mit Dehnungs- und Streckungsübungen abgeschlossen.

Sowohl in der Schule als auch im Haus waren wir Freiwilligen immer direkt am Arbeitsplatz untergebracht. Direkt auf dem Schulgelände gibt es ein Haus mit Zimmern für die Freiwillige und im Baobab House gibt es ein Zimmer für den Freiwilligen. Das hatte natürlich seine Vorteile und Annehmlichkeiten, allerdings war man selbst außerhalb der Arbeitszeit immer erreichbar für Schüler und Mitarbeiter.

WELCHE PHASEN HAST DU DURCHLEBT?
Es ist schwierig die Zeit im Nachhinein in Phasen einzuteilen, da immer das einen fließend in das nächste übergegangen ist. Wenn ich trotzdem versuche Phasen festzustellen, sind es ungefähr folgende:
Die Ankunfts- und Eingewöhnungsphase war die aller erste. Sie bestand vor allem aus viel Staunen, wahrnehmen und dem Gefühl alles wie durch ein Filter wahrzunehmen, da alle sind Sinne überfordert sind mit den tausenden Eindrücken, die andauernd auf sie einregnen.
Darauf folgte die Phase des Ankommens. Diese Phase war charakterisiert davon, dass alles normaler, alltäglicher wurde, ich wurde vertrauter mit dem Leben und der Arbeit und habe angefangen meinen Platz in Baobab zu suchen und langsam zu finden.
Danach kam eine kurze Zeit, in der ich eher niedergeschlagen und bedrückt war. Das lag einfach daran, dass ich realisiert habe, dass ein Jahr tatsächlich lange Zeit ist und das Bekannte und Familiäre wirklich sehr weit weg ist. Über diese Phase bin ich aber sehr schnell hinweggekommen und es war auch die einzige etwas niedergeschlagene Zeit im ganzen FSJ.
Ich wurde dann schnell von der Arbeit in Schule und Laden aufgefangen, mitgerissen und motiviert. Die Zeit ist dahin gerast ohne, dass ich es gemerkt habe, ich habe viel gearbeitet und dabei versucht einen Platz in der Organisation zu finden, an dem ich mich sinnvoll eingesetzt fühlte, ich steckte im Leben und Alltagsflow von Baobab voll drinnen, habe mit allen Sinnen Ghana wahrgenommen und erlebt – sowohl in der Arbeit als auch in der freien Zeit.

Dann kamen Weihnachten und Neujahr, die überhaupt nicht bedrückend und sentimental waren, sondern voll neuer schönen Erlebnissen, Herausforderungen und geprägt von einer guten Zusam-menarbeit zwischen uns vier Freiwilligen. Andererseits habe ich zunehmend mehr gearbeitet und Verantwortung übernommen, weil die Mitfreiwilligen sich hin und wieder davor gedrückt haben. Das war zeitweise anstrengend und frustrierend, aber auch eine Lehre für mich, wie ich mit meinem übermäßigen Fleiß am besten umgehe.

Mit dem neuen Kalenderjahr fing dann auch ein neues Schuljahr an. Damit kamen viele neue Schüler und eine Welle von Motivation durchflutete die Schule. Das war sehr schön! Auch mich erfasst diese Motivation und ich habe den Neuankömmlingen in der Nähwerkstatt das Nähen mit der Hand beigebracht. Das war eine sehr schöne Phase für mich, mit neuen Erfahrungen im Beibringen und Erklären, persönlicher werdenden Verhältnissen zu den Schülern und ersten Erfahrungen in der Batikwerkstatt. Ich war immer sehr beschäftigt und es war immer viel zu tun.
Obwohl danach das allerletzte Schuljahr für mich anfing, war es doch eine entspannte und sehr schöne Phase, die nun folgt. Wie das vorherige Schuljahr war diese Zeit geprägt von sehr viel motivierter Arbeit, schönen Erlebnissen und Erfahrungen. Ich habe in der Nähwerkstatt eigene Ideen und Projekte verwirklicht und habe zunehmend wie eine eigenständige Lehrkraft dort gearbeitet. Das war natürlich ein Ansporn und eine schönes Gefühl. Nebenbei war ich sehr beschäftigt mit Bewerbungen für die Zeit nach dem FSJ und schließlich Vorbereitungen für Aufnahmeprüfungen von Studiengängen im Design- und Textilbereich.
Nach einer Weile außerhalb der Organisation auf Grund von Reisen, wurde ich Mitte Juli wieder voll mitgerissen von Baobab. Es hat eine Phase angefangen, die geprägt war von intensivster Arbeit, letzten Projekten, Abschiednehmen von zwei Mitfreiwilligen, viele Vorbereitungen für die kommenden Freiwilligen, Ankunft und Einarbeiten einer neuen Freiwilligen, einem zunehmenden Abschiedsgefühl und dem Bedürfnis Ghana nochmal ganz intensiv erleben zu müssen.

Die letzte Phase, die Zeit des Abschieds habe ich, wie durch ein Filter, fast wie im Koma wahrge-nommen. Ich konnte nicht realisieren, dass dies der endgültige Schnitt zwischen mir und meinem FSJ, zwischen mir und Ghana war. Ich habe nicht realisiert, dass es jetzt vorbei war und die Zeit ist dadurch noch schneller verflogen. Die Phase war charakterisiert von dem Bedürfnis noch die letzten Projekte beenden zu wollen und deshalb bis zur letzten Minute wahnsinnig für Baobab zu arbeiten. Zusätzlich war es wichtig nochmal alles und alle zu sehen, sich von allem zu verabschieden, alles in der Erinnerung gut einzuspeichern. Insgesamt war es trotz allem eine wunderschöne und sehr inten-sive letzte Zeit.

WIE HAST DU DICH VERÄNDERT UND ANDERE PERSPEKTIVEN GEWONNEN?
Im Laufe des Freiwilligendienstes werde ich mich schon irgendwie verändert haben, allerdings weiß ich nicht ob es Ghana zuzuschreiben ist oder dem Leben selbst. In einem Jahr passiert oder verändert sich immer so einiges. Allerdings ist meiner Meinung nach eine größere Distanz zu der eigenen Person notwendig, um diese Veränderungen wahrzunehmen. Auch meine Perspektiven werden sich sicherlich verändert haben. Ich kann aber nur eines sagen: inzwischen weiß ich nicht nur theoretisch, dass die Welt groß und vielfältig ist, sondern habe es selber gesehen, wahrgenommen und erlebt.

WAS NIMMST DU AUS DEM JAHR MIT? WAS IST DEIN FAZIT?
Neben vielen materiellen Dingen, vor allem wunderschönen Stoffen, nehme ich natürlich vieles in meiner Seele mit. Das meiste sind Erinnerungen an die vielen schönen, herzlichen, lustigen, ernsten, wunderbaren Momente zusammen mit den Schülern, in der Nähwerkstatt, beim Fahrradfahren, Buchbinden, Joggen, Wäschewaschen oder in der Baobab Culture Troupe. Auch nehme ich tausende Sachen mit, die ich gelernt habe: Buchhaltung und Führung des Ladens, ghanaische Sauberkeit, so einige Gerichte, Nähen mit Hand- und Industrienähmaschinen, Recyceln von Plastikabfall, ver-schiedenste Methoden zum Beibringen und Erklären, neue Kleidungs- und Taschenschnitte, alles von A bis Z, was man übers Batiken wissen muss, ein wenig der lokalen Sprache, traditionelles Trommeln, ein besseres Verständnis für die unterschiedlichste Welten dieses Erde usw. usw. Hinzu kommen noch die vielen wunderbaren persönlichen Kontakte, Beziehungen, Freundschaften und Erlebnisse, an die ich immer gerne zurück denke.
Als abschließenden Kommentar kann ich nur noch sagen, dass dieses Jahr für mich unvorstellbar bereichernd und lehrreich war, sodass ich mich enorm beschenkt fühle und dafür sehr dankbar bin!